Trotz Regen erholt sich der Neusiedler See nicht, für den Sommer ist man aber zuversichtlich

Neusiedler See

Trotz der vergangenen und aktuellen Regenfälle bleibt der Wasserstand im Neusiedler See bedenklich. Viele Tourismusexperten sehen den Sommer am See jedoch als gesichert. Ist dem wirklich so oder ist das bloß ein Wunschdenken?

Die Niederschläge in den letzten Tagen schafften es, die Trockenheit, die seit Herbst vor allem im Osten Österreichs herrscht, zu vermindern. Das war vor allem wichtig für die Pflanzen. Für den Grundwasserspiegel und den Wasserstand des Neusiedler Sees ist es jedoch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Durch die bisherigen und noch prognostizierten Niederschläge kommt nur ein Zehntel des Wassers in den See zurück, das ihm aktuell fehlt.

der Neusiedler See erholt sich trotz vergangener Regenfälle nicht, Foto: ORF

Dieser niedrige Pegelstand ist nicht nur für die Fische existenzbedrohend, sondern wirkt sich auch massiv auf den Tourismus aus. Wolfgang Maletschek, der einen Yacht- und Segelclub in Weiden machte ein Minus von 60 % aufgrund des niedrigen Wasserstandes des Neusiedler Sees. Auch die Menschen, die in einer Bucht von Mörbisch eine Hütte im See besitzen, konnte diese vergangenen Sommer nur wenig nutzen und gehen davon aus, dass die Bucht dieses Jahr im Sommer trocken sein wird.

Patrik Hierner, der Geschäftsführer des Tourismusverbandes Nordburgenland sieht das jedoch anders. Er findet die Berichterstattung über den Neusiedler See in den Medien unfair, da sie ein falsches Bild des Sees vermittle. Die Bilder der Schlammböden und des Sees ohne Wasser, die seit letztem Jahr in zahlreichen Berichterstattungen über den See zu sehen sind, seien Ausnahmefälle und nur bei bestimmten Windverhältnissen möglich.

so wird der Neusiedler See oft in den Medien präsentiert, Foto: Moritz Merstik / boats2sail

Fakt ist allerdings, dass der Wasserpegel des Neusiedler Sees seit 2020 kontinuierlich abnimmt. Ende März fehlten dieses Jahr 22 cm auf den Wasserstand des Vorjahres, welcher bereits der niedrigste Wert seit 1965 war. „Von Entspannung kann keine Rede sein“, sagt Karl Maracek, Leiter des Referats für Hydrographie im Land Burgenland. Und auch der Kapitän Roman Drescher, der die Fähre von Illmitz nach Mörbisch steuert, sorgt sich um den See: „Man merkt, dass sich der See schwertut beim Regulieren.“

Dass der See so wenig Wasser hat, liegt jedoch nicht nur am fehlenden Regen. Durch Bodenversiegelungen, Drainierungen und intensive landwirtschaftliche Nutzung führen die Zuflüsse des Neusiedler Sees, wie zum Beispiel die Wulka, deutlich weniger Wasser als früher. Zusätzlich bewirkt die Versiegelung, zum Beispiel durch Parkplätze oder Gebäude, dass das Regenwasser über Kanäle in Flüsse abgeleitet wird und so nicht in den Boden und ins Grundwasser sickern kann.

durch mangelnden Regen, Bodenversiegelung, Drainierung und landwirtschaftlicher Nutzung des Bodens sinkt der Wasserstand im Neusiedler See, Foto: Guido Gluschitsch / Der Standard

Die Bodenversiegelung zu stoppen ist jedoch nur einer der Lösungsansätze, die es bereits für die Erhaltung des Neusiedler Sees gibt. Eine weitere ist die Entfernung von Schilf, denn Schilf führt dazu, dass das Wasser des Sees verdunstet. Würde man ein Drittel des Schilfgürtels entfernen, würde das ein jährliches Plus von etwa zehn Zentimetern für den Wasserstand bedeuten. Eine weitere Idee ist die Wasserzuleitung aus einem Donauarm in Ungarn, woran Christian Sailer und sein Team der Task Force Neusiedler See gerade arbeiten. Hier muss man laut dem Gewässerforscher Helmut Habersack von der Boku jedoch vorsichtig sein, denn das Wasser aus dem Fluss könnte dem See womöglich schaden. Und auch Ungarn stellt sich aus finanziellen Gründen gegen ein solches Projekt.

Es hat bereits auch erste Unternehmungen zum Erhalt des Sees gegeben. Ende des vergangenen Sommers bis Mitte dieses Jahres fand ein Pilotprojekt statt, bei dem Schlamm aus dem See entfernt wurde. Insgesamt wurden rund 40.000 Kubikmeter aus dem See entfernt, der Fokus zum Erhalt des Neusiedler Sees liegt jedoch trotzdem auf der Wasserzufuhr.

im Rahmen eines Pilotprojekts wurden 40.000 Kubikmeter Schlamm entfernt, Foto: Guido Gluschitsch / Der Standard

Für den kommenden Sommer ist man dennoch zuversichtlich, denn die Prognosen zum Wasserstand liegen im Bereich des Vorjahres. Zusätzlich wurde eine Faktenseite eingerichtet, die tagesaktuelle Informationen über die Situation am See und den Wasserstand liefert. Dank vier Webcams kann man sich auf der Website auch selbst ein Bild zur Lage am See machen und man erhält auch Informationen darüber, welche Aktivitäten im und am See grade möglich und welche derzeit eingeschränkt sind.

Ähnliche Artikel:
Wasserstand am Neusiedler See dramatisch tief – Yachtclubpräsident spricht Klartext
Historisches Tief – der Wasserstand im Neusiedler See bereitet Sorgen
Klimawandel wirkt sich schlimmer auf Wasser, Menschen und Tiere aus als bisher vermutet

Verwandte Artikel